Wattif CEO Andrea Strand
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Wie Wattif Veränderungen in der Welt der E-Ladeinfrastruktur vorantreibt

Andreas Strand, CEO von Wattif EV, im Gespräch mit Michael Dedieu, Managing Partner bei Marguerite, über die sich entwickelnde E-Ladeinfrastruktur.

Fragen von Michael Dedieu; Antworten von Andreas Strand

Frage: Wattif EV ist ein führender Full-Service-Anbieter von Ladelösungen für Elektrofahrzeuge und in mehreren europäischen Ländern vertreten. Wie unterscheiden sich diese Märkte, und welche Herausforderungen und Chancen gibt es jeweils?

Antwort: Derzeit sind wir in sechs Ländern tätig: Norwegen, Schweden, Deutschland, Irland, Großbritannien und Österreich. Jeder dieser Märkte ist einzigartig, was sowohl eine Herausforderung als auch eine Chance darstellt. In den nordischen Ländern sehen wir zum Beispiel, dass Elektrofahrzeuge bereits weit verbreitet sind. was es uns ermöglicht, unsere Geschäftstätigkeiten schnell zu skalieren. Die Fahrer sind dort mit E-Autos vertraut, und die staatliche Unterstützung war in der Vergangenheit recht stark.

Märkte wie Deutschland und Großbritannien stellen sich anders dar. Dies sind große, stark umkämpfte Märkte, in denen wir auf starke Konkurrenz durch etablierte Akteure aus dem Energiesektor stoßen. Viele dieser Unternehmen haben bereits tiefe Verbindungen zum Stromnetz und enorme Ressourcen, daher müssen wir innovativ und strategisch vorgehen, um uns zu positionieren.

– Unsere wichtigsten Alleinstellungsmerkmale sind, selbst in Infrastruktur investieren zu können und diese zu besitzen, sowie unser Fokus auf die Integration von Technologien.

Beispielsweise ermöglichen uns unsere cloudbasierten Systeme, Ladestationen aus der Ferne zu überwachen und zu warten, wodurch unser Netzwerk effizient arbeitet und minimale Ausfallzeiten aufweist.

Frage: Wattif hat in letzter Zeit ein erhebliches Wachstum verzeichnet. Können Sie die Expansionsstrategie des Unternehmens beschreiben und wie sie sich entwickelt hat?

Antwort: Unsere Expansionsstrategie ist vielschichtig. Wir sind sowohl durch organisches Wachstum als auch durch Fusionen und Übernahmen (M&A) gewachsen, bei denen wir strategische Möglichkeiten identifiziert haben, Unternehmen zu erwerben, die unsere Vision stimmig ergänzen. Die sechs Märkte, in denen wir heute tätig sind, wurden sorgfältig auf Basis von Marktdurchdringung, politischen Rahmenbedingungen, Wettbewerbern und lokalen Nutzerverhalten in punkto Mobilität ausgewählt.

Unsere Strategie konzentriert sich stark auf Destination Charging. Im Gegensatz zu Schnellladern, die üblicherweise an Autobahnen zu finden sind, befinden sich Destination Charger an Orten, an denen Menschen gewohnheitsgemäß Zeit verbringen, z.B. in Einkaufszentren, Hotels, am Arbeitsplatz oder zu Hause. Dies ermöglicht es E-Auto-Fahrern, ihre Fahrzeuge während ihrer täglichen Routinen zu laden. Zukünftig wird unser Hauptaugenmerk darauf liegen, unsere Abläufe zu optimieren und unsere Marktposition in den Märkten, in denen wir bereits präsent sind, weiter zu festigen.

Frauke: Wie positioniert sich Wattif, um die Herausforderungen der Netzkapazität zu bewältigen, und können Sie das Konzept „Flexibilitätsmarkt“ erklären?

Antwort: Die Netzkapazität ist eine der größten Herausforderungen für die gesamte Energiewende und damit auch für das E-Mobilitäts-Ökosystem. Das Netz ist quasi die Autobahn für Elektrizität, und die Stromleitungen können je nach Dimensionierung nur eine bestimmte Menge an Strom übertragen. Die Erweiterung dieser Netzes erfordert massive Kapitalinvestitionen, involviert zahlreiche Beteiligte und dauert Jahre bis hin zu Jahrzehnten.

– Das Konzept „Flexibiltiätsmarkt“ ist ein spannendes Innovationsfeld. Das Stromsystem stützt sich sowohl auf Kapazität als auch auf Balance.

Es verschiebt die Netzkapazität, um Energie vom Produktionsort zum Nutzungsort zu übertragen, und es ist abhängig von einem Gleichgewicht zwischen Produktion und Verbrauch, damit keine Systeminstabilität oder Stromausfälle auftreten.

Der Flexibilitätsmarkt ist eine Möglichkeit, Kunden Mehrwert zu bieten, die flexibel sind und auf Strom warten können. Wer die Möglichkeit hat. das Auto nachts oder tagsüber am Arbeitsplatz zu laden, könnte gut einige Zeit warten. Hauptsache das Auto ist vollständig geladen, wenn es wieder gebraucht wird. Auf diese Weise können wir die Stabilität des Systems unterstützen und neue Geschäftsmodelle entwickeln.

Frage: Welche Rolle spielt die staatliche Unterstützung beim Ausbau der E-Mobilität, und welche Maßnahmen halten Sie für am effektivsten?

Antwort: Staatliche Unterstützung ist entscheidend für die Förderung der Akzeptanz und Verbreitung von E-Fahrzeugen. In Märkten, in denen wir ein schnelles Wachstum bei der E-Auto-Nutzung erlebt haben, wie in Norwegen, ist dies hauptsächlich auf eine Kombination aus Subventionen, Steuervergünstigungen und Vorschriften zurückzuführen, die Verbraucher und Unternehmen ermutigen, auf Elektro umzustellen. Allerdings kann das Wachstum, wie wir in Norwegen gesehen haben, ins Stocken geraten, wenn diese Anreize reduziert oder abgeschafft werden. Regierungen müssen konsistente Richtlinien aufrechterhalten, um eine langfristige Umstellung auf Elektrofahrzeuge zu gewährleisten.

– Ein weiterer wichtiger Bereich, in dem staatliche Regulierung unerlässlich ist, ist die Verpflichtung zu Ladeinfrastruktur in neuen Gebäuden.

Beispielsweise können Gesetze, die verlangen, dass neue Wohn- und Geschäftsgebäude Ladeinfrastruktur beinhalten, die E-Akzeptanz erheblich fördern. Ohne zugängliche Lademöglichkeiten sind Menschen weniger geneigt, auf Elektrofahrzeuge umzusteigen. Darüber hinaus können Regierungen die Einführung durch Investitionen in die öffentliche Ladeinfrastruktur fördern und Unternehmen wie uns unterstützen, die das Rückgrat des E-Mobilitäts-Ökosystems aufbauen.

Subventionen sind natürlich wichtig. Ebenso entscheidend ist der regulatorische Rahmen, der sicherstellt, dass eine robuste Infrastruktur vorhanden ist. In Ländern mit einer klaren Regierungsverpflichtung zur Unterstützung der Mobilitätstranformation haben wir eine weitaus schnellere Marktakzeptanz erlebt. Genau hier sehen wir die größten Wachstumschancen.

All das gesagt, muss jeder – die Politiker, die Endnutzer, die Gesellschaft insgesamt – verstehen, dass der Übergang zu E-Mobilität Kosten verursacht. Wir müssen dies akzeptieren, da dies der einzige Weg nach vorne ist.

Frage: Sie haben erst kürzlich die Position des CEO übernommen; wie sehen Sie Ihre Rolle bei Wattif?

Antwort: Meine ersten Monate mit dem hochkompetenten und agilen Wattif-Team haben meine Erwartungen übertroffen. Wir haben das erfahrenste Team der Branche in unseren Segmenten.

Das Wachstum unseres Unternehmens in den letzten Jahren war beeindruckend. Meine Aufgabe ist es, dieses Momentum beizubehalten, unsere Strategie zu optimieren und das Unternehmen in seine nächste Entwicklungsphase zu führen: den Übergang von einem Start-up zu einem nachhaltigen und profitablen Unternehmen, das weiterhin den E-Lademarkt positiv beeinflusst.

Das Wattif-Team wird weiterhin mit Partnern, Kunden, Lieferanten, Versorgungbetrieben und Behörden zusammenarbeiten, um die Branche weiterzuentwickeln, die besten Lösungen bereitzustellen und die Nutzererfahrung zu verbessern.

Frage: Welche wichtigen Trends sehen Sie in der Zukunft der E-Ladeindustrie?

Antwort: Ein wichtiger Trend, den wir sehen, ist die Notwendigkeit zur Konsolidierung in der Branche. Der Markt ist derzeit ziemlich fragmentiert, mit vielen kleineren Akteuren, die versuchen, sich zu etablieren. Da die Nachfrage steigt, wird es jedoch Bestrebungen geben, größere und effizientere Netzwerke zu schaffen, die den Anforderungen der Verbraucher in großem Maßstab gerecht werden. In den kommenden Jahren werden wir mehr Fusionen und Partnerschaften sehen, und Wattif wird durch unsere strategische Akquisitionsstrategie gut positioniert sein, um von diesem Wandel zu profitieren.

– Ein weiterer bedeutender Trend ist der Fokus auf CO2-Emissionen über den gesamten Lebenszyklus. Es geht nicht nur darum, Emissionen während der Nutzung zu reduzieren, sondern auch entlang der gesamten Lieferkette – von der Produktion der Fahrzeuge und Ladesäulen bis hin zur späteren Entsorgung.

Mit der Beschleunigung der grünen Transformation werden Verbraucher und Regierungen mehr Transparenz und Rechenschaft über die gesamte Umweltbelastung der Technologien fordern, die sie nutzen.

Schließlich wird, wie bereits erwähnt, die Unterstützung des Netzes durch Elektroautos mittels Konzepten wie Vehicle-to-Grid (V2G) zu einem wichtigen Trend. Dies wird dazu beitragen, einige der Herausforderungen im Zusammenhang mit der Netzkapazität zu mindern und es E-Auto-Besitzern ermöglichen, eine aktive Rolle in der Energiewende zu spielen.

(Interview im Original auf Englisch, übersetzt ins Deutsche von Frauke Thieleke. Das Interview auf Englisch lesen Sie hier.) 

 

Von links: Mattia Borello (Marguerite), Bård Mikkelsen (Wattif Chairman), Andreas Strand (Wattif CEO), Michael Dedieu (Marguerite), Thomas Lindberg (Wattif CFO) und Julie Joubert (Marguerite)

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